Freitag, 30. September 2011

20.000 neue Kindergartenplätze � pädagogisch wertvoll oder �Aufbewahrung�?

Qualitätsmangel durch fehlende Rahmenbedingungen

Die Regierung jubelt über das Zustandekommen von 20.000 neuen Kindergartenplätzen und die Ausweitung der Öffnungszeiten auf mindestens 47 Wochen/Jahr in den nächsten 3 Jahren.

Wir von der Plattform EduCare jubeln nicht.

Zu lange erleben wir, dass, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit um die Erhöhung der Anzahl von Kindergartenplätzen geht, sich unsere Regierungsvertreter mittlerweile ziemlich einig sind. Je nachdem ob aus der Perspektive der Frauen oder der Wirtschaft wird eventuell noch um die �Freiwilligkeit� des Kindergartenbesuches oder um die Öffnungszeiten gestritten. Viel Überzeugungsarbeit muss auch bei den Bürgermeistern geleistet werden, die ihre Gemeinden angesichts der ständig steigenden Kosten im Kinderbetreuungs- und Pflegebereich bereits in den Konkurs schlittern sehen.

Unter diesen Bedingungen ist es nicht verwunderlich, dass die am Verhandlungstisch gesessenen PolitikerInnen von einem großen Erfolg sprechen, dass neuerlich eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern getroffen werden konnte.(15a Vereinbarung)

Die Frage, ob es für den weiteren Ausbau auch die notwendigen Rahmenbedingungen gibt, stellt sich aus diesem Kreis niemand. Es wird selbstverständlich davon ausgegangen, dass die qualitätsvolle Kinderbetreuung wie sie in den Presseaussendungen der Regierungsparteien versprochen wird, gewährleistet ist.

Die Qualität ist nicht gewährleistet!

Es reicht nicht Geld in die Quantität zu investieren � es braucht Geld für die Verbesserung der Qualität und es wird Zeit, dass unsere Regierungsmitglieder endlich begreifen, dass der Kindergarten mehr als eine Betreuungseinrichtung ist und dass qualitätsvolle Kindergartenplätze Geld kosten!

Diese ungeheure Ignoranz allen wissenschaftlichen Studien gegenüber, die uns in den letzten 2 Jahrzehnten nachgewiesen haben, dass Investitionen in die �Frühe Bildung� unverzichtbar sind, will man, dass die Gesellschaft nicht weiterhin auseinanderdriftet, ist unerträglich! Länder, die ihre Kinderbetreuungseinrichtungen als erste Bildungseinrichtungen sehen, haben in den letzten 2 Jahrzehnten massiv in diese �Frühe Bildung� investiert. Die OECD schlägt bereits 2006 vor 1 % des PIB in elementarpädagogische Bildungseinrichtungen zu investieren. Österreich investiert ca. 0,5%. Die Verdoppelung der bisherigen Ausgaben würde bedeuten, dass wir mehr als 1 Milliarde mehr brauchen! Das müsste nicht alles aus anderen Bereichen kommen � denn auch innerhalb der österreichischen öffentlichen Gesamtausgaben für Bildung scheint der geringe Stellenwert der Elementarbildung in Österreich auf: 7% sind es für den Elementarbereich während es für den Bereich der Oberstufe 22% sind (Quelle: Nationaler Bildungsbericht 2009).

Bemerkbar macht sich die Unterfinanzierung vor allem dadurch, dass viel zu viele Kinder auf eine Pädagogin, einen Pädagogen kommen. Die OECD schlägt 3 � 7 Kinder pro Pädagoge/in vor, bei uns sind bis zu 25! Bemerkbar macht sie sich auch bei den niedrigen Löhnen von PädagogInnen und bei Dienstzeiten, die im Unterschied zu den SchulpädagogInnen bis zu 38 Stunden pro Woche in der Gruppe vorsehen. Diese wenigen PädagogInnen schaffen es jedoch bisher, dass die Eltern scheinbar weitgehend zufrieden sind. Was sollten sie auch mit ihrer Unzufriedenheit anfangen, wenn es keine Alternativen gibt. Da ist es einfacher die Meinung zu vertreten, dass ein Unter 3 jähriges Kind nicht in den Kindergarten gehört und dass es reicht, wenn Kinder 1 Jahr vor der Schule jene Manieren und Tugenden vermittelt bekommen, die sie dann für die Schule brauchen.

Es gibt zu wenig PädagogInnen

Der Schrei der Empörung über die fehlenden Investitionen in die Qualität verhallt im Kreise der davon betroffenen PädagogInnen und diese quittieren die Ignoranz gegenüber der Bedeutung elementarer Bildung zunehmend mit der Flucht aus dem Berufsfeld: lediglich ca. 40% aller ausgebildeten KindergartenpädagogInnen ergreifen nach ihrer Ausbildung den Beruf�.

Das führt � vor allem in den Ballungszentren � zu einem chronischen Personalmangel!

Es ist hoch an der Zeit, neben (noch immer nicht erfüllter) Quantität in der Kindergarten-/Elementarpädagogik auch endlich in die Qualität zu investieren, sonst gehen wir schnurstracks zurück in jene Zeiten, in denen die Mehrheit der Kinder in �Aufbewahranstalten� untergebracht wurde und für einige priviligierte Kinder pädagogisch wertvolle Arbeit in kleinen Gruppen mit bestens ausgebildetem Personal stattfand. Das war im 19.Jhdt!

Wir brauchen keine Politik der kleinen Schritte mehr, wir brauchen eine Kindergartenmilliarde!

Link zur Pressemitteilung:
http://www.newsmax.de/20000-neue-kindergartenplaetze--paedagogisch-wertvoll-oder-aufbewahrung-pressemitteilung84801.html